ÜBERTRAINING IM AUSDAUERSPORT

ÜBERTRAINING IM AUSDAUERSPORT

Ganz gleich, ob Einsteiger oder alter Hase – jeder Läufer freut sich, wenn sich nach ein paar Wochen fleißigen Trainings das Gefühl einstellt, dass es sich gelohnt hat, weil man schneller geworden ist oder die gewohnte Distanz einem leichter fallt als zuvor.

Was aber, wenn das Gegenteil eintritt? Wenn man plötzlich von keinem Infekt und keiner Krankheit verschont bleibt, wenn man Sportverletzungen nicht mehr loswird oder den ganzen Tag über erschöpft ist und nachts nicht schlafen kann? Wenn das Laufen zur Qual wird und Bestzeiten in immer weitere Ferne rücken?

All diese Phänomene weisen daraufhin, dass man „Übertrainiert“ ist, dem sportlichen Äquivalent zum „chronischen Erschöpfungssyndrom“. Davon spricht man, wenn man wegen anhaltender Überlastung nicht mehr in der Lage ist, seine beruflichen, sozialen oder privaten Aufgaben im gewohnten Umfang auszuüben. Dieses Syndrom plagt aber nicht nur Ultraläufer, die wöchentlich dreistellige Kilometerzahlen zurücklegen, sondern auch Freizeitsportler.

Eine Kombination aus (über-)ambitioniertem Training, ungesunder Ernährung, unzureichenden Schlaf- und Erholungsphasen und einem stressigen Berufs- und Familienleben kann auch bei Ihnen zum „Läufer-Burnout“ fuhren.

URSACHEN VON ÜBERTRAINING

Wir beobachten zurzeit eine Professionalisierung des Freizeitsports. Viele Amateure trainieren heute mit ähnlichen Intensitäts- und Umfangssteigerungen wie Profis, dabei sind sie durch Beruf und Familie zusätzlichen Stressfaktoren ausgesetzt. Allgemein sind sich die Experten heute einig, dass man das Problem des Übertrainings in einem größeren

Zusammenhang betrachten muss: Es geht nicht nur um den Trainingsumfang, sondern um die fortlaufenden Belastungen des Alltags, die Freizeitsportlern zu schaffen machen.

Das Fatale ist, dass viele Läufer Symptome des Übertrainings nicht als Anzeichen einer zu großen Gesamtbelastung interpretieren, sondern als Hinweis auf ein zu lasches Training. Anstatt zu pausieren, fahren sie ihr Trainingspensum weiter hoch. Ein Teufelskreis, der das Problem nur verschlimmert.

BEIM LAUFEN

Verletzungen

Häufige Wehwehchen und Verletzungen treten wiederholt auf und heilen nicht ab.

Kein Fortschritt

Obwohl Sie die Qualität und die Quantität des Trainings kontinuierlich erhöhen, stagniert oder verschlechtert sich Ihre Form.

Muskuläre Müdigkeit und schlechte Regeneration

Die Regenerationsphase dauert deutlieh länger, und die Energiedefizite sind nur schwer zu beseitigen.

IM KOPF

Stimmungsschwankungen

Sie sind ungewöhnlich häufig gereizt.

‚ ► Keine Motivation

Mangelnder Spaß \ am Laufen und Angst vor schweren Trainingseinheiten.

Schlechte Konzentration, kaum Widerstandsfähigkeit

Sie haben große Schwierigkeiten, den inneren Schweinehund zu überwinden.

AUSSERHALB DES LAUFENS

Gewichtszu-oder Abnahme

Plötzlich auftretende starke Gewichtsschwankungen.

Ungewohnte Gelüste

Ständiges Verlangen nach Zucker, Koffein oder Salz.

Appetitverlust

Appetitverlust durch einen Anstieg des Adrenalin- und Noradrenalinspiegels.

Krankheit

Vermehrte Infektionen der oberen Atemwege.

Müdigkeit

Häufige Anfälle von Müdigkeit, außerdem Probleme mit den Tiefschlafphasen, die sich häufig in verstärkter Bewegung während des Schlafs äußern.

Verlust der Libido

Rückgang der anabolischen Hormone, was in geringerem sexuellen Interesse resultieren kann.

Blutmangel

Rückgang von Ferritin und Magnesium im Körper.

Herzfrequenz

Ansteigen des Ruhepulses, verzögertes Absinken der Herzfrequenz nach intensiven Belastungen.


ZU VIEL IST …. ZU VIEL

Tim Noakes, Sportwissenschaftler an der Universität Kapstadt, schreibt in „Lore of Running“, einem der Standardwerke zum Laufsport: „Wir denken, dass wir umso schneller rennen können, je härter wir trainieren, doch so einfach ist das nicht. Wir trainieren härter, laufen dann aber schlechter und denken in unserer Einfältigkeit auch noch, das läge an zu geringem Training.“ Noakes‘ Aussage trifft den Kern des Problems – die Frage nämlich, wo ein natürliches, gewinnbringendes Training aufhört und wo Übertraining beginnt.

Wenn man es richtig anstellt, fuhrt eine allgemeine Steigerung des Trainingsumfangs auch zu einer Verbesserung der Leistung. Dazu müssen aber auf die harten Wochen unbedingt strategisch geplante Erholungszeiten folgen, um Muskelschmerzen und Ermüdung vorzubeugen. Erst diese Regenerationsphasen geben dem Körper die Möglichkeit, sich an neue Trainingsintensitäten zu gewöhnen und leistungsfähiger zu werden. Kriegt er jedoch keine ausreichenden Pausen, kann Übertraining die Folge sein.

Übertraining ist das sportliche Equivalent zum Burn-out im Beruf

UNKLARE SYMPTOME VON ÜBERTRAINING

Wenn Sie sich übertrainiert fühlen, sollten Sie als Erstes einen Gang raus nehmen. „Erst nach zwei Wochen ohne jeden Sport kann eine einigermaßen verlässliche Aussage darüber getroffen werden, ob den Erschöpfungssymptomen ein Übertraining zugrunde liegt. Viele Athleten wollen das nicht hören, vor allem, wenn in naher Zeit Wettkämpfe anstehen. Auf die Pause zu verzichten kann aber zu einer weit längeren Auszeit fuhren. Dass viele Übertrainingssymptome sich wie die natürlichen Effekte einer hohen Trainingsbelastung anfühlen, macht die Sache nicht gerade einfacher. Es ist außerdem unverzichtbar, klassische Krankheiten als Ursache für die Erschöpfung auszuschließen. Wenn medizinisch nichts diagnostiziert worden ist und man nach der Erholungsphase immer noch nicht in Form ist, sollte man auf keinen Fall wieder ins Training einsteigen, sondern noch genauer in sich hineinhören. Es ist schwer zu sagen, ab welchem Punkt die Symptome klinisch behandelt werden müssen. Schläfrigkeit, Trägheit und Gewichtsverlust sind gute Indikatoren für ein Übertraining. Der deutlichste Hinweis ist ein gravierender Leistungsverlust.

Weitere Signale sind Anämie, chronische Dehydrierung, hormonelles Ungleichgewicht, mysteriöse Schmerzen, Appetitlosigkeit, Herzstörungen, nachlassende Libido und Erschöpfung.

DAS GROSSE GANZE

Wenn man die Ursachen des Übertrainings ausfindig machen will, darf man aber nicht nur auf das Training schauen. Stress kann die verschiedensten Auslöser haben. Neben der physiologischen Beanspruchung durch das Laufen gibt es auch psychologische und soziale Belastungen, und viele Experten meinen, dass für eine vollständige Erholung all diese Herausforderungen beachtet werden müssen. Alltagsstress kann etwa durch Geldsorgen, bevorstehende Prüfungen, schwierige soziale Beziehungen oder die Arbeit ausgelöst werden.

Wenn Sie betroffen sind, sollten Sie beginnen, eine ehrliche Bestandsaufnahme Ihrer Lebenssituation zu machen. Sie sollten alle externen Einflüsse genau unter die Lupe nehmen, genauso gründlich, wie Sie auch Ihr Lauftraining analysieren.

ALLES IN BALANCE

Erfahrene Trainer kennen ihre Athleten und bemerken Veränderungen in ihrem Verhalten, die auf ein Übertraining hindeuten.

Der beste Tipp, um sicherzustellen, dass Ihnen das nicht wieder fährt, besteht darin, eine Balance zwischen Lauftraining und Alltag zu finden.


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