Unermüdlich tummeln sich die verschiedenen Ernährungsformen auf der großen Bühne der Sportlehrthemen. Das Thema „Vegan“ ist eines der am heftigsten diskutierten Themen der Laufszene. Was ist gut daran, was schlecht? Wird die Leistung gar gesteigert? Und gibt es überhaupt eine allgemeingültige Aussage? Welche Aspekte sollten bei der Kombination aus rein pflanzlicher Ernährung und Training beachtet werden? Diese Fragen versuchen wir in unseren Beitrag zu beantworten.
Dadurch, dass sich immer mehr Sportler heute vegan ernähren und davon überzeugt sind, dass gerade diese Ernährungsumstellung zu einer spürbaren Leistungssteigerung verholfen hat, schwindet allmählich das Bild des blassen, kraftlosen Veganers in unseren Köpfen. Und das ist auch gut so.
Dennoch gibt es einige Dinge, die in Bezug auf vegane Ernährung – besonders in Verbindung mit Sport – beachtet werden müssen.
Wir stellen euch drei Sportler Aussagen, die wir schon so oft gehört haben, zum Thema Vegane Ernährung und versuchen wir es für euch zu analysieren.
AUSSAGE 1
Ob Läufer oder nicht: Wer keine Beschwerden oder Unverträglichkeiten aufweist, sollte und darf zur ganzen Bandbreite an Lebensmitteln greifen. Beim Kauf von guter Qualität, was grundsätzlich die Grundlage ist, beinhalten tierische Produkte gute Fettsäuren, Mineralien und hochwertiges Eiweiß. Für mich gehören Milchprodukte, Fisch, Fleisch und Eier zu einer vielseitigen und schmackhaften Ernährung dazu. Oftmals tendieren Personen eher dazu, in eine mangelhafte und einseitige Ernährung zu geraten, sobald sie sich vegan ernähren, da das umfassende Wissen fehlt. Von Zeit zu Zeit vegane Gerichte oder Vegan-Tage einzubauen kann ich nur empfehlen, denn es erweitert auch die Lebensmittelauswahl. Langfristig und strikt empfinde ich es jedoch als zu einschränkend und empfehle es nicht. Wer sich allerdings für eine vegane Ernährung entscheidet, der sollte unbedingt auf eine gute Eisen- und Vitamin- B12-Versorgung achten.
Die Fakten
Tatsächlich ist die natürliche Versorgung mit Vitamin B12 wohl das größte Gegenargument aller Vegankritiker. Denn das besagte Vitamin kann durch rein pflanzliche Ernährung nicht aufgenommen werden. B12 ist allerdings essenziell und unverzichtbar. Seine Aufgaben liegen im Bereich des Nervensystems, des Stoffwechsels, der Blutbildung und Entgiftung. Ein Mangel führt somit zu Müdigkeit, Schwäche oder in akuter Form sogar zu einer Depression und / oder einer Lähmung.
Wie können Veganer das Vitamin aufnehmen?
Ausschließlich durch Nahrungsergänzungsmittel in Form von Tabletten oder Spritzen.
Eisen in der pflanzlichen Ernährung
Eisen ist im Körper für den Sauerstofftransport verantwortlich und somit ebenfalls unentbehrlich. Kein Eisen – keine Leistung. Man wird schlapp, müde und bekommt Kopfschmerzen. Bekanntlich ist Fleisch eine vorzügliche Eisenquelle. Doch auch in der pflanzlichen Ernährungsweise ist eine ausreichende Aufnahme schon längst kein Problem mehr. Unter anderem bieten Kürbiskerne, Amaranth, Leinsamen, Quinoa, Pistazien, Haferflocken und auch diverse Trockenfrüchte einen hohen Eisengehalt. Hierbei ist zu beachten: Die Aufnahme (Absorption) wird durch Vitamin C gefördert, während Koffein und eingeweichtes Getreide diese hemmen.
Milchprodukte
Als häufigste Alternative zu Kuhmilchprodukten werden im Alltag Ersatzprodukte aus Sojabohnen angeboten. Doch auch die grüne Bohne wird inzwischen schon wieder heiß diskutiert. Bislang konnten allerdings keine wissenschaftlichen Studien eine negative Wirkung beweisen. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, dem empfehlen wir Hafer-, Kokos- oder Mandelmilchprodukte.
WAS ICH ÜBER VEGANE ERNÄHRUNG WISSEN MUSS?
VEGAN DIE DEFINITION
In der veganen Ernährung werden keine Produkte verzehrt, die vom Tier stammen. So beinhaltet diese Form von Ernährung neben dem Verzicht auf Fleisch und Fisch auch den Ausschluss von Milch und Eiern sowie aller anderen Produkte und Zutaten, die aus oder von Tieren gewonnen werden. Insekten werden meist mit eingeschlossen, sodass Veganer auch keinen Honig oder Stoffe, die z. B. aus Läusen gewonnen werden, konsumieren.
IST DIE VEGANE ERNÄHRUNG ALLTAGSTAUGLICH?
Um sich konsequent vegan zu ernähren, braucht man sicherlich „ein wenig Übung“ im Alltag. Mit etwas Vorausplanung ist es aber durchaus machbar und gar nicht so aufwendig, wie viele meinen. Außerdem wird es zunehmend einfacher, denn immer mehr Restaurants und Cafés gehen auf den Ernährungstrend ein.
WIE TEUER IST DIE VEGANE ERNÄHRUNGSFORM WIRKLICH?
Wie praktisch jede andere Ernährungsform kann die vegane Ernährung sowohl teuer als auch sehr günstig sein. Richtig ist aber, dass beispielsweise auf Pflanzenmilch ein höherer Steuersatz als auf Kuhmilchprodukte erhoben wird. „Vegan“ heißt im Übrigen nicht selbstverständlich „Bio-Produkte“, auch wenn dies oft einhergeht.
SCHADET VEGAN LEBEN DEN KNOCHEN?
Als Kinder haben wir oft zu hören bekommen, dass Milch gut für die Knochen ist und stark macht. Doch wie ist das mit dem Kalziumbedarf, wenn man sich bewusst gegen Milchprodukte entscheidet? Besonders viel Kalzium steckt beispielsweise in Bohnen, Brokkoli, Nüssen oder Rucola. Ein beliebter Vergleich: 100 Gramm Rucola enthalten 160 Milligramm Kalzium, 100 Gramm Magerquark nur 92 Milligramm. Und was mindestens genauso wichtig für starke Knochen ist: eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung. Und das wiederum wird ganz natürlich durch Sonnenlicht gebildet.
AUSSAGE 2
Ich könnte mir eine Ernährungseinschränkung schon allein aus organisatorischer Sicht nicht vorstellen. Sicherlich ist das nicht unmöglich, aber mit hohem Aufwand verbunden. Diese Energie investiere ich lieber in den Sport. Außerdem bin ich der Meinung, dass man mit „Ich esse alles,was mir schmeckt und wonach mein Körpergerade verlangt“ am sichersten fährt, was die Nährstoffversorgung anbelangt. Des Weiteren bieten tierische Produkte einen sehr einfachen Weg zu gut verstoffwechselnden Eiweißen. Für mich ist vegan keine Option.
Die Fakten
Die Organisation eines veganen Alltags wird teilweise überschätzt. Das Vorurteil, man könne nicht mehr essen gehen und keine sozialen Kontakte mehr pflegen, können wir auch nach einem Selbstversuch nicht bestätigen. Dennoch ist die Wahrnehmung besonders in diesem Fall klar subjektiv. Aber zurück zu den Fakten: Eiweißaufnahme in der veganen Ernährung Fast alle veganen beziehungsweise vegetarischen Nahrungsmittel enthalten Proteine.
Besonders Hülsenfrüchte (Linsen, Bohnen oder Erbsen) verdienen es, als Nahrungsproteine erwähnt zu werden, da sie alle anderen Nahrungspflanzen in ihrem Anteil an solchem Eiweiß übersteigen, das das menschliche System aufnehmen kann. So sind sie dem Fleisch ebenbürtig, denn der menschliche Körper setzt etwa 92 Prozent des Proteins aus Fleisch um und zum Beispiel 91 Prozent des Eiweißes aus der Sojabohne.
AUSSAGE 3
Seit ich mich vegan ernähre, war ich nicht mehr krank, ich hatte höchstens einen kleinen Schnupfen. Außerdem bin ich gar nicht verletzungsanfällig, trotz meiner vielen Laufkilometer pro Woche bei jedem Wind und Wetter. Ich fühle mich rundum pudelwohl und fit mit der veganen Ernährung, noch dazu mit dem guten Gewissen, dadurch einen Beitrag für Natur-, Umwelt- und Tierschutz zu leisten. Außerdem gehe ich regelmäßig zur Leistungsdiagnostik, um meinen aktuellen VL3-Wert (Geschwindigkeit im Bereich der aeroben Schwelle bei einem Laktatwert von 3 mmol/1) ermitteln zu lassen. Neben einem Leistungstest auf dem Laufband mit Atemmaske wird man bei einer Leistungsdiagnostik ärztlich durchgecheckt.
Mein Ergebnis: Ich bin topfit und kerngesund! Insgesamt sind alle meine Werte besser geworden, allerdings habe ich auch mehr trainiert.
Die Fakten
Bei der richtigen Umsetzung ist der deutlich höhere Obst- und Gemüseanteil in der veganen Ernährungsweise ein klarer Vorteil für Sportler. Der Mehrwert liegt hierbei nicht nur in der Vitamin- und Mineralstoffversorgung, sondern auch in den sekundären Pflanzenstoffen (Stoffen, die den pflanzlichen Lebensmitteln ihre charakteristische Farbe und ihren charakteristischen Geruch geben). Diese Stoffe wirken im Körper unter anderem entzündungshemmend und haben eine positive Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System. Sie können sich daher günstig auf die Regeneration auswirken. Weitere Aspekte sind der erhöhte Getreideanteil und die erleichterte Verdauung in der veganen Ernährung.
UNSER RESÜMEE ÜBER VEGANE ERNÄHRUNG IM LAUFSPORT
Ernährung ist keine Religion. Auch Veganismus nicht. Wahrnehmungen sind, genau wie Körper und ihre Reaktionen, immer unterschiedlich. Was für den einen gut ist bzw. sich gut anfühlt, muss noch lange nicht bei jemand anderem dasselbe hervorrufen. Wir finden das Thema „Vegane Ernährung“ im Sport unglaublich interessant und werden weiterhin alle Entwicklungen und Forschungen verfolgen, möchten aber gleichzeitig dazu aufrufen, auch in diesem Bereich mehr sportliche Toleranz walten zu lassen. Denn was für sportliche Leistungen unverzichtbar ist, ist das Wohlbefinden. Und dieses kann nicht allein durch eine bestimmte Ernährungsform erlangt werden, sondern nur ganz individuell und subjektiv.