HALLUX VALGUS – THERAPIE UND VORBEUGUNG

Ein Problem für oder gerade bei Läufern?

Die Ursachen die­ser Erkrankung sind vielfältig und komplex.

Allgemein akzep­tiert ist, dass es zu einer Störung der Balance zwi­schen der extrinsischen Unterschenkel­muskulatur und der intrinsischen Fuß­muskulatur zwischen den Fußknochen sowie den vorhandenen Kapsel-Band-Strukturen kommt.

Meist besteht bei den Patienten eine grundsätzliche Vor­belastung wie:

  •  eine Schwäche der kur­zen Fußmuskeln
  •  ein ausgeprägter Plattfuß
  •  Hypermobilitäten
  •  Bandinsta­bilitäten
  •  Verkürzungen der Achilles­sehne
  •  neurologische sowie ent­zündliche, rheumatische Erkrankun­gen.

Auffällig ist, dass sich insbesonde­re bei Frauen bestimmte Fußerkran­kungen in der Familie häufen können. Eine genetische Komponente scheint zu bestehen, bewiesen ist das aber nicht.

Mechanische Ursachen von Halux Valgus

Mechanisch betrachtet, beginnt das Problem bereits im Mittelfuß: Hier sit­zen, von der Innenseite ziehend, drei Keilbeine, welche die Basis für die Mittelfußknochen zum seitlichen Fußrand sind. Im gesunden Fuß bilden diese drei Knochen ein Gewölbe, welches sich wie ein romanischer Rundbogen abstützt. Wenn diese Keilbeine begin­nen, abzusinken, wird der Fuß flach.

Die Frage lautet dazu: warum passiert das? Die Ursache liegt sicher in dem gegensätzlichen Anforderung an den Fuß, einerseits maximale Stabilität zur Kraft­entfaltung bei andererseits ausreichen­der Flexibilität zur Anpassung an den Untergrund zur Verfügung zu stellen.

HALUX VALGUS

Den Begriff Hallux valgus (auch Ballenzeh) welcher in der Übersetzung „der zur Außenseite abweichende Großzeh“ bedeutet, prägte erstmals 1870 der deutsche Chirurg Carl Hueter. Dieses Krankheitsbild gehört zu den häufigsten Störungen am Fuß. In aktuellen Übersichtsarbeiten wird die Häufigkeit eines Hallux valgus mit bis zu 23 Prozent bei den 18- bis 65-Jährigen und 35 Prozent bei älteren Personen über 65 Jahren angegeben.

Hier setzt die Annahme an, dass eine genetisch verursachte Formvariante in diesem ersten Keilbein-Mittelfuß-Ge­lenk zu einer zunehmenden Instabilität mit Drehpunkt in alle Richtungen führt. Durch den Zug der Muskulatur und die Belastung beim Gehen entste­hen so hohe Kräfte, dass der erste Mittelfußknochen immer mehr nach innen sowie nach oben abwandert, der große Zeh kippt hierbei durch den Zug der nun im falschen Winkel ziehenden Seh­nen nach außen ab – es entsteht das ty­pische Bild des Hallux valgus mit der störenden Ballenbildung. Die sichtbare „Beule“ entzündet sich leicht, der Lauf­schuh passt nicht mehr, längere Stre­cken werden schmerzhaft.

Der Hallyx valgus ist hauptsächlich in der westlichen Zivilisation verbreitet und dort vor­herrschend bei Personen, die lange Zeit   zu enge Schuhe trugen. In Ländern, in denen die Menschen keine oder offene Schuhe tragen, ist das Krankheitsbild seltener.

Der zuvor geschilderte Mechanismus ist leider selbstverstärkend, da mit zunehmendem Abkippen auch die einwirken­den Kräfte immer ungünstiger werden. Viele Patientinnen beschreiben, dass die Fehlstellung lange problemlos war und plötzlich ganz schnell zunahm. Zu den angeborenen Faktoren kommen noch Zivilisationseinflüsse, wie bei­spielsweise ungeeignetes Schuhwerk, fehlende Stimulation durch glatte Böden oder verfrühte Einlagenversorgung bei Kindern.


+++ 90 Prozent der Hallux-valgus-Patienten sind Frauen, aber auch Männer und sogar Kinder können vom Ballenzeh betroffen sein +++


Halux valgus Behandlung

Wie behandelt man nun den Hallux valgus?

Zunächst immer konservativ. Das Ziel ist eine Linderung der Be­schwerden. Die Zehenstellung lässt sich mit Schienenbehandlungen oder Tapes allenfalls noch beim Jugendlichen mit Wachstumspotenzial dauerhaft verbes­sern. Eine nachhaltige Stellungskorrek­tur beim Erwachsenen ist hiermit leider nicht mehr möglich. Ähnlich verhält es sich mit Einlagen – durch eine verbes­serte Positionierung des Fußes, speziell bei höherer Belastung, wie beim Lauf­sport typisch, kommt es zu einer Schmerzlinderung.

Aktive Maßnahmen am Fuß sind aus meiner Sicht sehr wichtig, da bei konsequenter Ausübung eine echte Verbesse­rung erzielbar ist. Die Fußmuskeln soll­ten zum Beispiel durch eine Spiraldyna­mik gezielt so auftrainiert werden, dass sie die Knochen wieder in eine korrekte Position ziehen. Das optimiert zusam­men mit koordinativen Aufgaben auch den Laufstil!

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Fußmuskulatur durch sensomotorische Einlagen zu fordern und die Fer­se aufzurichten. Hierbei werden die Re­zeptoren der Muskulatur mit individu­ell angepassten, prall elastischen Pols­tern stimuliert.

Führen diese Maßnahmen nicht zu der gewünschten Beschwerdelinderung, so kann die chirurgische Korrektur erfol­gen. Es gibt über 100 Verfahren zur Achskorrektur am ersten Strahl. In der Hand eines erfahrenen Fußchirurgen wird die passende dann durchgeführt. Je nach Schweregrad oder Begleiter­krankungen geschieht dies ambulant oder stationär.

Nach der Operation ist vor dem Sport!

Die Nachbehandlung ist extrem wichtig und muss vor einem er­neuten Hallux valgus schützen. Hier helfen Physiotherapie und konsequentes Fußmuskeltraining. Die Fußchirur­gie ist komplex, Restbeschwerden und Schwellungen können bis zu einem halben Jahr bestehen bleiben. Das Ziel sollte die Wiederauf­nahme eines gemäßigten Lauftrainings nach drei Monaten sein.